Modemarke Uniqlo: Was ist dran am Hype?
Anstehen gehört während der Fashion Week Berlin zu den Hauptbeschäftigungen der Mode-Crowd. Aber 8.45 Uhr ist, für Berliner Verhältnisse, noch mitten in der Nacht. Deshalb sind auch nicht so viele Leute gekommen, um – vor der Öffnung des Uniqlo-Flagshipstores – die neue Kapselkollektion von Ex-Model und Ex-Lagerfeld-Muse Ines de la Fressange zu begutachten – und zu shoppen.
Okay, der Name des Labels klingt, schnell genuschelt, nicht gerade besonders hip. Sondern nach Uni-WC. Hihi! Der Erfolg der japanischen Modekette ist aber alles andere als albern. Innerhalb der letzten fünf Jahre konnte sie ihren Umsatz verdreifachen (zum Vergleich: H&M konnte ihn nur verdoppeln). Tadashi Yanai, der Besitzer, ist der reichste Mann Japans. Mittlerweile gibt es Uniqlo in Frankreich, Großbritannien, USA. In New York ist der Hype ungebrochen. Die Amerikaner sind verrückt nach den schmal geschnittenen Basics und Jeans, von denen es so viel mehr gibt als bei Gap oder American Apparel. Der Berliner Flagship-Store misst 2700 Quadratmeter, über 3 Etagen. An den Wänden stapeln sich T-Shirts, Pullis, Hemden, Unterhemden in allen Farben des Regenbogens. So sieht der Basic-Himmel aus. Vorausgesetzt, man steht so auf Basics.
Mode-Insider wissen: Der Name spricht sich ein bisschen anders aus, nämlich “Üniqlo” – von “unique clothing”. Wirklich unique, also einzigartig, so Kritiker, ist vor allem das Management. Die Geschäftszahlen sind innerhalb des Unternehmens total transparent, jede Aktivität jedes Mitarbeiter wird registriert und analysiert, die Kunden werden in jedem Uniqlo-Store weltweit mit sechs roboterhaften Standardsätzen konfrontiert. In Berlin sind zwei davon: “Habt ihr alles gefunden?” War alles in Ordnung?”
Fans schwärmen von der Unaufgeregtheit und Tragbarkeit der Kleidung. Das sind auch die Kriterien, die Ines de la Fressange bei ihrer mittlerweile dritten Kollektion für die japanische Kette wichtig waren. In einem Satz: “Everyday luxury for every woman.” Leider kam die 57-Jährige, die bis 1990 einen exklusiven Vertrag mit dem Modehaus Chanel hatte – als Gesicht der Marke – nicht selbst vorbei in Berlin. Also muss man sich selbst durch die Kollektion wühlen: Gestreifte Kleider, Röcke mit Streublumenmuster, Sommerjacken in Blau-weiß-rot, Hüte, Schals mit Troddeln. Danach weiter zur normalen Uniqlo-Kollektion. Es gibt Hemden in allen erdenklichen Farben, Fleecejacken, Strickpullover. Bei Uniqlo ist der Grad zwischen “schlicht” und “ein bisschen langweilig” sehr schmal.
Deshalb verlassen wir kurz vor 10 Uhr Uniqlo auch nicht mit vollen Tüten. Was überhaupt noch japanisch ist an diesem Label, das mit französischen Adeligen kollaboriert und auf der ganzen Welt getragen wird? Zwei Sachen auf jeden Fall. Erstens: Es wird nichts dem Zufall überlassen – schon gar nicht der Erfolg. Und zweitens: Die Teile, die wir aufgefaltet, angeschaut und wieder hingeworfen haben, wurden von den Mitarbeitern mit höchster Perfektion gefaltet. Fast wie Mode-Origami.