Zahnspange mit Anfang 30 – wie fühlt sich das an?
So offen sieht man Maria-Theresia im Moment nur selten lächeln. Der Grund ist erst beim zweiten Hinsehen zu erkennen: die Zahnspange.
Maria-Theresia lächelt. Herzlich, aber bemüht zurückhaltend. So, wie jemand lächelt, der gerade ein Mohnbrötchen gegessen hat und nicht weiß, was ihm jetzt zwischen den Zähnen hängt. Dabei hat Maria-Theresia gar keine Mohnkörner im Mund – aber eine feste Zahnspange.
Es ist ihre zweite. Als Maria-Theresia 12 Jahre alt war, bekam sie eine feste Spange wegen einiger verschobener Zähne. Jetzt, mit 30, trägt sie eine feste Spange, weil die unteren Zähne sich nach hinten neigten. Dagegen half auch der Retainer-Draht nicht, den sie noch von ihrer ersten Spange an den Zähnen kleben hatte.
Sich als Erwachsene zu einer festen Spange durchzuringen war nicht leicht. Ein Jahr lang überlegte sie. Was würden die Kollegen denken? Und die Kunden? Maria-Theresia arbeitet in einer führenden Position in einer großen PR-Agentur. Sie muss präsentieren und repräsentieren. “Die Behandlung dauert nur ein Jahr.” – das war das Argument der Kieferorthopädin, das Maria-Theresia schließlich überzeugte. Ein Jahr Spange statt eine Leben lang immer schiefer werdender Zähne.
Ein Argument, das viele Erwachsene überzeugt. Immer öfter sieht man Leute jenseits des Teenageralters mit Zahnspange. Die Überlegung, sich das “anzutun”, hat nicht nur etwas mit Eitelkeit und Einschränkungen zu tun, sondern auch mit Geld. Krankenkassen zahlen bei Erwachsenen meist nichts dazu – außer wenn durch eine Zahnspange einer teureren Kiefer-OP vorgebeugt werden kann. Um die 4000 Euro kostet eine Zahnspange für erwachsene Selbstzahler, je nach Behandlungsaufwand.
Doch gute und schöne Zähne sind wichtig, das versteht jeder. Deshalb blieben bei Maria-Theresia auch hämische Kommentare aus. Niemand quatschte sie blöd wegen ihrer Spange an. Im Gegenteil: Die Reaktionen auf die Zahnspange sind alle positiv. “Die Spange ist ein super Smalltalk-Thema. Viele erzählen mir, dass sie früher auch eine hatten oder dass sie überlegen, sich jetzt eine einsetzen zu lassen.” In solchen Gesprächen wollen natürlich immer alle von Maria-Theresia wissen, wie das so läuft, mit der Spange. Ihre Antwort: immer Putzzeug dabei haben. Alle acht Wochen zum Kieferorthopäden um den Draht nachzuziehen. Ja, die Zähne schmerzen danach ein wenig. Schlimm? Ne. Was allerdings schwer fällt: Man muss auf einige Dinge verzichten. Rote Beete, Tee, Curry. Wenn man es sich trotzdem gönnt, leidet die Farbe der Keramikbrackets (so heißen die Blättchen, die auf den Zähnen liegen und an denen der Draht befestigt ist). Weil die Zähne durch die Spange zusätzlich noch anfälliger für Zahnstein sind, lässt Maria-Theresia einfach bei jedem Termin eine Zahnreinigung mitmachen.
Bald ist ihr Jahr vorbei und die Spange kann raus. Wenn Maria-Theresia davon spricht, lächelt sie automatisch. Sie freut sich auf August, wenn es soweit ist. “Dann kann ich mir endlich wieder mit meiner Zunge über die Zähne streichen. Ein schönes Gefühl!” Und dann heißt es auch: Adios, zurückhaltendes Lachen und hallo Mohnbrötchen!